Mittwoch, 22. Mai 2013
Adelante amigos
Eine meiner festen Überzeugungen ist, dass die Qualität von Beziehungen eng mit der zusammen verbrachten Zeit verbunden ist. Weil, wenn man viel Zeit hat irgendwen oder -was genau zu entdecken, und einem das Entdeckte überwiegend gefällt, dann prägt und verbindet das ungemein.
Darüber denke ich momentan viel nach, mit dem Hintergrund, dass sich die zusammen verbrachte Zeit mit den Hühner-Freundinnen in den letzten zwei Jahren dramatisch verringert hat. Und auch den besten Freund sieht man nur noch viel zu selten, seit er weggezogen ist. Die Hühner-Freundinnen und der beste Freund sind wichtig, man sollte sie eigentlich immer griffbereit haben, wenn auch nicht alle gleichzeitig, weil jeder für sich eine raumfüllende Persönlichkeit hat, welcher man erst mal gerecht werden muss.
Erschwerend kommt hinzu, dass man selbst ein ganz, ganz schlechter Telefonierer ist und regelrecht zusammenzuckt, wenn das Telefon klingelt und man gerade an seinem Lieblingsort – dem Sofa – ist und sich vielleicht gerade Blödsinn in Form von Streams oder minderwertiger Literatur zu Gemüte führt oder einfach nur nachdenkt. Dann fällt es immer sehr schwer, sich auf ein Telefonat einzulassen, ist der Anrufer auch noch so hoch geschätzt. Telefonieren zählt aber auch nicht wirklich zur Kategorie Qualitätszeit miteinander verbringen. Zeit verbringen hat für mich viel mit persönlichem Austausch, also beieinander sitzen und reden, zu tun. Mit den Hühnern war es einst so, dass wir durch unsere heißgeliebten Kinderlein zusammengeführt wurden, damals, als die Kinderlein noch Kinderlein waren und keine dummen Teenager. Man hat die Hühner quasi ständig getroffen, im Kindergarten, nachmittags auf dem Spielplatz, beim Kinderturnen, in der Grundschule, überall. Und man hat die gemeinsame Warte- und Kinderhütezeit mit ellenlangen Gesprächen gefüllt und sich dabei sehr gut kennen gelernt. Wir haben alle wenig oder gar nicht gearbeitet und haben das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden, nämlich für die Kinder da zu sein und Zeit mit den Freundinnen zu verbinden. Zeit für Freundschaften zu haben war damals nicht das große Thema, man war da, wo alle waren und was heute nicht gesagt wurde, konnte morgen unters Volk gebracht werden.
Aber Kinder werden groß, was Segen und Fluch zugleich ist, und Lebenssituationen ändern sich, ebenfalls Segen und Fluch, man möchte ja schließlich auch keine Endlosschleife in der Sandkastenphase drehen. Im Hühnerfall war es so, dass einige sukzessive immer mehr in den Job zurückgekehrt sind, so wie man selbst, und die anderen entweder weitere Kinderlein in die Welt gesetzt oder ihren Focus auf andere, eher familiär orientierte Großprojekte gelegt haben. So wie man vor ca. 15 Jahren aus ganz verschiedenen Richtungen ans gleiche Ufer gespült wurde, driftet man jetzt langsam wieder auseinander und das löst ein bisschen Wehmut aus, nicht nur bei mir. Man versucht mit vereinten Kräften festzuhalten, was war. Man geht miteinander weg oder trifft sich an Geburtstagen oder mal zu viert mit den entsprechenden Männern. Das ist immer schön und lustig und bestimmt viel mehr, als viele andere haben. Aber der wahnsinnige Luxus des fast täglichen Sehens und das gefühlt massenhafte Vorhandensein von Zeit, wenn die Kinder stundenlang zusammen spielen und die Mütter stundenlang dabeisitzen und reden, reden, reden ist vorbei. Schuld daran ist natürlich der veränderte Alltag, die Bitch, der aber auf der anderen Seite ja auch wieder neue und schöne Erfahrungen und wertvolle Menschen mit sich bringt. Und weil das alles ja grundsätzlich normal und gut und richtig ist hoffe ich einfach ganz fest, dass das Fundament, das wir Hühner damals zu Kleinkindmuttizeiten gelegt haben, noch ganz lange trägt. Und sehe die Wehmut als das was sie ist, nämlich ein Indikator für Zuneigung und für die Prioritäten, die man so hat in seinem kleinen Leben.
Das ganze Gewinsel lässt sich übrigens auch 1:1 auf den besten Freund übertragen, wobei uns naturgemäß nicht die Brut, sondern der Sport zusammengeführt hat. In diesem Fall hat das Leben, die Bitch, aber kleine Fallstricke wie chronische Verletzungen meinerseits und eine große Liebe in nicht ganz so fernen Städten seinerseits eingebaut. Aber man lässt sich davon nicht unterkriegen und bekommt zur Belohnung eine mitternächtliche SMS, die mit "Hey Puta" beginnt, was für Außenstehende nicht sonderlich charmant klingen mag, für mich aber ein Zeichen dafür, dass alles gut ist, ist.

Lied des Tages muss natürlich Rammsteins "Te quiero puta" sein.

Sollten Sie des Spanischen mächtig sein muss erwähnt werden, dass der Text natürlich in keinster Weise der vollkommen asexuellen Beziehung zum besten Freund nahe kommt.





Adelante amigos.

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