Sonntag, 18. November 2012
Wochenendallerlei
frau hysti, 19:13h
- Der beste Freund ruft an, wie immer von unterwegs und wie immer vom offensichtlich größten Funkloch weit und breit aus. Daraus ergeben sich die tollsten Gespräche, er labert, ich höre nur Rauschen versetzt mit einzelnen Wortfetzen und brülle ununterbrochen "Ich versteh Dich nicht, ruf später nochmal an." Das tut er dann auch irgendwann und zwar genau dann, wenn er sich wieder in einem vollkommen netzfreien Raum befindet. Ich vermute ja schon, dass er daheim rausgeflogen ist und unter einer Brücke oder in einem U-Bahnschacht hausen muss. Auf mein Nachbohren hin verneint er dies aber vehement. Er spinnt ein bisschen, das hat er schon immer. Trotzdem zwickt es immer noch komisch, wenn ich an seiner ehemaligen Singlewohnung in der Innenstadt vorbeikomme, in der schon seit fast vier Jahren jemand anders wohnt, weil er weggezogen ist von hier. Könnte Vermissen sein.
- Aber sein Klingelton funktioniert super, ich bin sehr zufrieden. Es ist "Torero" von Chayanne. Zu diesem Lied hat der beste Freund früher getanzt, dass einem die Knie beim Zusehen weich wurden. Damals, als er seinen Lebensunterhalt noch mit Gehüpfe verdient hat, konnte ich ihm in verletzungsbedingten Auszeiten meinerseits stundenlang beim Tanzen zusehen, fasziniert von seiner Begabung, Musik in Bewegung umzusetzen. Tanzen kann er auf jeden Fall wesentlich besser als telefonieren, das Herzchen.
- Auf der Suche nach einer Genesungskarte für einen ernster erkrankten Kollegen fast verzweifelt. Den Kartendesignern soll gesagt sein, dass es Krankheiten gibt, bei denen Marienkäfer, bunte Pflasterattrappen und Smileys fehl am Platze sind.
Auf eine neutrale Kunstkarte ausgewichen, die der Chef, ein geborener Wortzauberer, mit den richtigen Worten füllen wird. - Die herzigen kleinen Patenkinder sind fünf und haben ihre erste Schwimmprüfung gemacht und das gesteckte Ziel dabei nur ganz knapp verfehlt. Der Bericht der Patenkindmutter darüber hat uns sehr erheitert und man freut sich schon arg, die lustigen Kerlchen nächstes Wochenende zu sehen. Wir werden sie auch nicht ins tiefe Wasser schubsen, versprochen.
- Am Samstagabend einem schrecklichen Gottesdienst beigewohnt, bei dem der Teenager Anwesenheitspflicht hatte und wir als Taxi zum nächsten, sofort anschließenden Abendprogrammpunkt herhalten mussten. Zuerst jedenfalls ein ökumenischer Gottesdienst zur Friedensnacht, leider hatte die evangelische Gemeinde unserer kleinen Stadt am Rande der Großstadt ihre Posaunenbläser mitgebracht. Sowas Grottenschlechtes hat die Welt noch nicht gehört, Gott wahrscheinlich auch nicht. Der Mann, mit einem wesentlich besseren musikalischen Gehör ausgestattet als ich, ist fast verzweifelt. Wäre er ein Hund, hätte er sicherlich gejault. Mit selbstgemachter Musik ist es ja oft so wie mit selbstgemachtem Bastelwerk, guter Wille allein reicht nicht aus, sonst wird’s scheußlich.
Der musikalische Rahmen hat mich jedenfalls nicht friedlich gestimmt und die grundschullehrerinnenhafte Sprechweise der ausgeliehenen Pastorin hat ihr übriges getan. Ich kenne die Frau nicht und habe deshalb keine Ahnung, ob sie zu ihren eigenen Kirchgängern immer wie zu einer Gruppe Lernbehinderter spricht oder ob sie nur davon ausgeht, dass wir etwas Andersgläubigen schwer von Begriff sind. Ich werde das wohl so schnell nicht rausfinden können. Wenigstens war die Kirche diesmal beheizt. - Hinterher zu Freunden geflüchtet und mit Rehbraten versorgt worden. Es war noch ein ganz junges Reh, ich kenne sogar den Jäger. Die übriggebliebenen Schlegelknochen waren jedenfalls noch ziemlich klein, was dann doch ein kleines bisschen unangenehm war. Aber man isst ja auch Kalb und Lamm, letzeres sogar heute Mittag mit grünen Bohnen und einer genialen Soße.
Vorher zwar Fitness, aber das hilft bei der Fresserei auch nicht mehr viel. - Ein außerordentlich gutes Blog entdeckt, das ich lese, wie einen Roman. Das kommt auch nicht oft vor.
Eigentlich sollte es ja Chayannes Torero sein, aber der gute Chayanne performt dermaßen scheiße, dass ich das Video nicht in meinem Blog haben will. Wenn er ein paar Pesos rausrückt zeigt ihm - und seinem hölzernen Tanztrupp - der beste Freund bestimmt, wie genial man sich zu diesem Lied bewegen kann. Nämlich nicht, wie mit einem Sock im Arsch.
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