Samstag, 18. Februar 2012
Weiberfasching, gestrippt
Mit den Mädels zum Weiberfasching in einem Club, der bekanntermaßen eher das ländliche, ältere und uncoole Publikum anzieht. Also uns.

Ich bin Faschings-, Ü-30-Party- und sonstige Großveranstaltungenmuffel. Ein kurzer schwacher Moment hat mich meine Prinzipien über Bord werfen und eine Eintrittskarte erstehen lassen.

Während der Vorglüh- und Kostümanziehrunde – alle im Einheitslook, eine große Eisbärenherde, quasi – im Wohnzimmer einer der Damen schon erste Zweifel meinerseits.

Das lag wahrscheinlich daran, dass ich aufgrund erforderlicher Medikamenteneinnahme und meiner Funktion als Fahrer nur bedingt vorglühen konnte. Deshalb der nüchterne Blick auf den aufkommenden Wahnsinn, der mit wildem Wechseln der Kostümunterziehwäsche begann und in der in der Frage gipfelte, wieso ein Arsch in einem zum Eisbärenkörper umfungierten Malereinwegkittel aus dem Baumarkt denn ums Verrecken nicht sexy aussieht. Kurzfristig überlegt, die befreundeten Damen vor der Dissentüre abzusetzten und dann einfach heim zum Gatten aufs Sofa zu flüchten.

Gedacht, aber nicht getan, sondern guten Mutes rein ins bunte Treiben. Musik war okay, die Liveband sogar ziemlich gut. Dann einer der Hauptacts der rauschenden Ballbacht, Menstrip. Menstrip, Part 1 hat mich zumindest nicht weiter gestört, obwohl ich die orgastische Begeisterung vieler Anwesender nicht wirklich nachvollziehen konnte. In solchen Situationen kommt es mir so vor, als würde ich als völlig Unbeteiligte vor zwei Bildschirmen sitzen, auf denen zwei verschiedene Programme laufen. Programm 1 der Stripper, Programm 2 die aufgekratzte Weibermeute. Ich total außen vor. Aber egal, Strip 1 hat nicht weh getan, Stripper 1 war sehr niedlich, ganz im Gegensatz zu Stip 2 samt Stripper 2, beides ganz, ganz schlimm. Stripper 2 war ein in die Jahre gekommener Herr mit Orangenhaut am Hintern. Ich hätte ihm sehr gerne meinen gesäßverdeckenden Eisbärenoverall zur Verfügung gestellt. Das Schlimmste aber war, dass Stripper 2 sich als Bühnengespielin eine Dame aus dem Publikum auserkoren hat, die von der Natur offensichtlich in mehrerlei Hinsicht etwas benachteiligt wurde. Zudem hatte sie ein sehr unvorteilhaftes Kostüm an, extrem unvorteilhaft sogar. Sofort setzte bei mir massives Fremdschämen, gepaart mit Mitleid für die arme Frau ein, ähnlich, wie wenn man versehentlich ins Unterschichten-TV zappt und ungläubig hängenbleibt. Natürlich weiß ich nicht, ob die Gute nicht vielleicht wild mit den Armen wedelnd in der ersten Reihe stand um eine Auswahl ihrerseits zu provozieren, weil es ihr Lebenstraum war, sich von einem widerlichen, abgeschmackten Typen vor einer wildkreischenden Horde mal zu richtig demütigen zu lassen. Und wir sprechen hier von richtig demütigen, wir sprechen von Arschgrapschen, Sprühsahne von Brustwarzen und Lenden lecken und sonstigen Dingen, welche ich – wenn überhaupt – lieber in angemessenem Rahmen und mit ansehnlichen Protagonisten sehen möchte. Ich habe jedenfalls gehofft, dass entweder eine Gruppe von Amnesty-Aktivisten die Bühne stürmen und vehement auf §1 hinweisen, oder aber der Veranstalter eingreifen würde. Nichts dergleichen geschah aber leider bis zum Ende des Spaßes. Da hat Stripper 2 – inzwischen völlig entblößt – sein primäres Geschlechtsmerkmal zwischen die Oberschenkel geklemmt und ist von dannen gewatschelt. Ich war baff.

Es folgte Erschütterung über die Menschheit im Allgemeinen und die Faschingsgesellschaft im Besonderen. Einhergehend mit der Überlegung, ob sich Stripper 2 wohl absichtlich immer die hässlichsten Trullas auf die Bühne holt, um triebbedingte Körperreaktionen - in seinem Fall wohl Berufsrisiko -möglichst gering zu halten.

Es gab dann noch erstaunlich gute Musik, erstaunlich viel Tanz meinerseits, aufkreuzendes Mannsvolk nach 24:00 Uhr mit erstaunlich blöden Baggersprüchen („Seid ihr Eisbären?!?“, gedachte, aber nicht ausgesprochene Antwort: “Bist Du dämlich?“.)Und ganz spät ein erstaunlich eingesperrtes Frau-Hysti-Auto. Das Privatgrund-Schild war bei der Einfahrt (großer Supermarktparkplatz) nicht zu sehen, es wurde nämlich offensichtlich seinerzeit von einem Beknackten angebracht. Gute Mächte oder ebensolches Karma oder was auch immer hatten eine Lösung für dieses knifflige Problem parat.

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